Wer nach „Was ist Zazen im Zen-Buddhismus“ sucht, findet oft Tipps zu Haltung, Atmung und Kissen. Dies sind nur die physischen Grundlagen. Die eigentliche Frage ist, warum wir diese Praxis ausüben.
Die Antwort liegt in den Grundüberzeugungen der Soto-Zen-Tradition. Zazen ist keine Methode, um irgendwann in der Zukunft Erleuchtung zu erlangen. Es zeigt unsere Buddha-Natur, die bereits jetzt existiert.
Dieser Artikel geht über eine einfache Anleitung hinaus und erkundet die tiefere Bedeutung von Zazen. Wir werden uns mit folgenden Themen befassen:
- Wie die physische Form spirituelle Wahrheit ausdrückt
- Die Idee der „Praxis-Erleuchtung“
- „Nicht-Denken“ verstehen (Hishiryo)
- Wie diese Philosophie die Art und Weise verändert, wie Praktizierende Zazen erleben
Die Grundlage: Mehr als nur Haltung
Die körperliche Form von Zazen ist nicht nur eine Ansammlung zufälliger Regeln. Der Körper drückt durch diese Form Stille und Präsenz aus.
Der Körper als Anker
Ihr Körper verankert Ihren Geist im gegenwärtigen Moment. Ein paar Schlüsselelemente sorgen für Stabilität.
Die meisten Menschen sitzen auf einem Zafu (rundes Kissen), das auf einem Zabuton (flache Matte) liegt. Das Zafu hebt Ihre Hüften an und lässt Ihre Knie auf dem Zabuton ruhen, wodurch eine stabile Dreipunktbasis entsteht.
Sie kreuzen Ihre Beine in einer stabilen Position. Der volle Lotussitz ist traditionell, der halbe Lotussitz ist jedoch häufiger. Andere Positionen wie der burmesische Stil oder die Verwendung einer Bank oder eines Stuhls funktionieren ebenfalls gut. Das Ziel ist Stabilität, nicht Schmerz.
Halten Sie Ihre Wirbelsäule gerade, aber nicht steif, als ob Sie zum Himmel greifen würden. Ziehen Sie Ihr Kinn leicht ein, um Ihren Kopf mit Ihrer Wirbelsäule auszurichten. Ihre Hände bilden das kosmische Mudra: Die linke Hand liegt auf der rechten Handfläche, die Daumen berühren sich leicht, sodass ein Oval entsteht.
Haltung | Stabilität | Am besten für |
---|---|---|
Volllotus (Kekka-fuza) | Höchste | Erfahrene Praktiker mit hoher Flexibilität. |
Halblotus (Hanka-fuza) | Hoch | Häufigste Haltung, gute Balance zwischen Stabilität und Zugänglichkeit. |
Burmesisch / Seiza / Vorsitzender | Gut | Anfänger oder Personen mit körperlichen Einschränkungen. Der Grundsatz einer aufrechten, würdevollen Haltung bleibt bestehen. |
Der Atem des Seins
Beim Zazen konzentrieren wir uns auf die natürliche Bauchatmung. Wir richten unsere Aufmerksamkeit sanft auf das Hara, etwa fünf Zentimeter unterhalb des Nabels.
Es handelt sich hierbei nicht um forciertes Atmen wie beim Yoga. Wir lenken unsere Aufmerksamkeit einfach wieder auf den natürlichen Rhythmus des Körpers. Der Atem kommt von selbst.
Der philosophische Kern: Warum Sitzen alles ist
Um wirklich zu verstehen, was Zazen im Zen-Buddhismus ist, müssen wir über die Mechanik hinausgehen. Zazen unterscheidet sich durch seine Philosophie von anderen Meditationsarten.
Shikantaza: Die Kunst des „einfachen Sitzens“
Die Hauptanweisung im Soto-Zen ist Shikantaza, was „einfach sitzen“ oder „nichts als präzises Sitzen“ bedeutet.
Bei dieser Übung sitzen wir mit offenem Bewusstsein da, ohne uns auf ein bestimmtes Objekt zu konzentrieren. Wir konzentrieren uns nicht einmal nur auf den Atem.
Gedanken sind im Shikantaza keine Feinde. Sie sind lediglich geistige Aktivität, wie Wolken, die am Himmel Ihres Geistes vorbeiziehen. Es geht nicht darum, mit dem Denken aufzuhören, sondern sich nicht mehr in Gedanken zu verfangen.
Es ist, als würde man still in einem Raum sitzen, während Leute ein- und ausgehen. Man serviert ihnen keinen Tee und schiebt sie auch nicht hinaus. Man nimmt sie nur wahr, wenn sie vorbeigehen.
Dies unterscheidet sich stark von der Meditation, die darauf abzielt, bestimmte Zustände zu erreichen oder Probleme zu lösen. Beim Shikantaza gibt es nichts zu erreichen.
Praxis-Erleuchtung: Weg und Ziel
Dies führt zur radikalsten Idee des Zazen: Shusho Itto oder „Praxis und Erleuchtung sind eins“.
Die meisten spirituellen Systeme besagen, dass man hier (unerleuchtet) ist und dorthin (erleuchtet) gelangen muss. Die Praxis ist die Brücke zwischen diesen beiden Zuständen.
Zen-Meister Dogen stellte diese Idee auf den Kopf. Man sitzt nicht, um ein Buddha zu werden. Man sitzt, weil man bereits ein Buddha ist, und das Sitzen drückt diese erwachte Natur aus.
Wie Dogen in seinem Fukanzazengi schrieb: „Den Weg zu praktizieren ist an sich schon Erleuchtung. Es gibt keine Praxis ohne Erleuchtung, keine Erleuchtung ohne Praxis.“
Dies verändert den Grund, warum wir sitzen. Wir versuchen nicht, etwas zu erreichen, was uns fehlt. Wir bringen die Vollständigkeit zum Ausdruck, die bereits da ist.
Hishiryo: Jenseits des Denkens
Wenn wir nicht versuchen zu denken oder nicht mehr zu denken, was macht dann der Geist? Der Zustand im Zazen wird Hishiryo genannt, „jenseits des Denkens“.
Um Hishiryo zu verstehen, schauen wir uns an, was es nicht ist:
- Denken (Shiryo): Dies ist der normale Geist, der analysiert, plant und sich Sorgen macht.
- Nicht-Denken (Fushiryo): Dies ist der Versuch, den Geist zur Leere zu zwingen.
- Jenseits des Denkens (Hishiryo): Dies ist ein Bewusstsein, das auf natürliche Weise entsteht, wenn Sie in Ihrer Haltung voll präsent sind und Gedanken vorbeiziehen lassen, ohne in ihnen gefangen zu sein.
Wir können Hishiryo nicht erzwingen. Es ist der natürliche Zustand des Geistes, wenn wir aufhören, unsere Erfahrungen zu kontrollieren.
Die Realität des Praktizierenden: Die innere Welt
Wie fühlt sich diese Philosophie in der Praxis an? Die tatsächliche Erfahrung ist sehr menschlich und manchmal chaotisch.
„Mache ich das richtig?“
Die meisten Praktizierenden fragen sich, ob sie Zazen richtig praktizieren. „Mein Geist ist zu beschäftigt.“ „Das ist langweilig.“ „Mein Bein tut weh.“ „Wann hört das endlich auf?“
Aus der Perspektive von Shusho Itto lernen wir, genau diesen urteilenden Geist loszulassen. Die ständige Überprüfung „Mache ich das richtig?“ ist das zielorientierte Denken, das wir hinter uns lassen.
Die Übung besteht nicht darin, eine „gute“ Meditation ohne Gedanken oder Schmerzen durchzuführen. Die Übung besteht darin, immer wieder in den gegenwärtigen Moment zurückzukehren, mitten in Lärm, Langeweile und Unbehagen.
Schmerzen, Langeweile und Schläfrigkeit
Diese drei Erfahrungen treten häufig während des Zazen auf. Die Übung besteht nicht darin, sie loszuwerden, sondern zu lernen, mit ihnen umzugehen.
Schmerzen sind real. Machen Sie sich zunächst mit dem Unterschied zwischen Muskelzerrungsbeschwerden und tatsächlichen Verletzungen vertraut. Bei normalen Beschwerden beobachten Sie das Gefühl direkt, ohne zu sagen: „Ich kann das nicht ertragen.“
Langeweile ist der Wunsch des Geistes nach Unterhaltung. Langeweile lehrt uns, die Realität so zu akzeptieren, wie sie ist, auch wenn scheinbar nichts passiert.
Schläfrigkeit kann ein Zeichen für Müdigkeit sein, ist aber oft auch mentaler Widerstand. Richten Sie Ihre Wirbelsäule sanft auf, öffnen Sie die Augen weiter und konzentrieren Sie sich auf diesen einen Atemzug.
Jenseits des Kissens: Eine Lebenseinstellung
Die wahre Kraft von Zazen zeigt sich, wenn es in unseren Alltag eintritt. Wir versuchen nicht, professionelle Kissensitzer zu werden.
Handeln als Meditation
Die Eigenschaften, die wir im Zazen entwickeln, können wir in jede Aktivität einbringen. Dies wird manchmal als „bewegtes Zen“ bezeichnet.
Geschirrspülen kann Meditation sein: das warme Wasser spüren, den Klang der Teller hören, das Spülmittel riechen. Spazierengehen kann Meditation sein, indem man die Füße auf dem Boden spürt. Einem Freund zuzuhören kann eine Übung sein, ihm seine volle Aufmerksamkeit zu schenken.
Die ultimative Antwort auf die Frage „Was ist Zazen im Zen-Buddhismus?“ finden Sie hier. Es ist nicht nur eine 30-minütige Aktivität. Es geht darum, einen Geist zu entwickeln, der bei allen Lebenserfahrungen präsent und offen bleibt.
Fazit: Zurück zum Sein
Wir haben Zazen von seiner physischen Form bis hin zu seiner tiefen Philosophie erforscht. Wir haben gesehen, dass es keine Technik ist, um uns selbst zu heilen oder ein zukünftiges Ziel zu erreichen.
Zazen bedeutet, ganz im Hier und Jetzt zu sein. Es bringt unsere grundlegende Natur zum Ausdruck, die hier und jetzt verfügbar ist. Es ist die Praxis, immer wieder zur einfachen Würde des Menschseins zurückzukehren.
Die tiefgründigsten Antworten findet man nicht in Büchern oder zukünftigen Erfolgen. Man findet sie im Sitzen.